Na, was bist du denn für eine Perle? Was sich zunächst anhört wie ein recht platter Anmachespruch ist die Frage, die Steffi Morgenstern jedes Mal stellt, wenn sie eins ihrer Schmuckstücke herstellt. Sie verarbeitet gerne die kleinen Kugeln, die manche Muscheln hervorbringen können. Denn genau wie ihre Schmuckstücke sind natürliche Perlen eins: immer einzigartig.
Seit über 30 Jahren arbeitet Steffi Morgenstern als Goldschmiedin. „Uns macht besonders, das wir nachhaltig produzieren. Wir verarbeiten nur Recyclinggold und Produkte konfliktfreier Herkunft“, versichert Morgenstern. Auch die Herkunft von Steinen und Perlen überprüft Morgenstern, „das ist mir und auch meinen Kunden wichtig“. Gelernt hat sie das Handwerk in der Heiligenhauser Goldschmiede Schwalfenberg, „die war genau hier im Laden, in dem ich nun wieder bin“, berichtet Morgenstern. Ihre Lehre begann sie 1979, 1986 machte sie sich in der Oberstadt selbstständig. „Für mich war nach der Schule klar, dass ich keinen Bürojob machen wollte“, erinnert sie sich. „Ich wollte erst Schreinerin werden, aber da hatte man Frauen im Handwerk noch nicht auf dem Plan. Da gab es kein anderes Handwerk“.
Selber etwas herstellen. Bereut hat sie die Entscheidung nie, das Faszinierende an dem Beruf sei, „das man sieht, wie etwas entsteht. Man kann gemeinsam mit Kunden etwas erarbeiten. Manchmal sitze ich auch vor dem Material und überlege ewig, was ich damit machen kann und manchmal sehe ich etwas und weiß sofort, was daraus wird“, erklärt Morgenstern. So war es auch mit der Kette, die sie derzeit immer trägt, mit einer natürlich gewachsenen Tahiti-Perle, „die sieht doch aus wie ein Riesen-Schnauzer“, erzählt sie lachend. Dieses Einzigartige, das versucht sie in ihren Werken hervorzubringen. Wie das bei der Kundschaft ankommt, ist immer unterschiedlich. „Manchmal lege ich etwas in die Auslage und es ist sofort weg. Bei anderen Dingen, die wir wunderschön finden, fragen wir uns, warum die nicht gekauft werden“.
Alle acht Wochen werden die Vitrinen neu dekoriert, „aber wenn etwas gar nicht geht, dann schmelzen wir es auch wieder ein“. Traurig mache sie das nicht, denn das Tolle an ihrem Job sei eben das Erschaffen und Kreieren. „Wir können ja auch aus Erbstücken neue, modere Sachen machen“, berichtet Morgenstern. Wichtig sei ihr, im Gespräch mit dem Kunden herauszufinden, was gewünscht wird – auch finanziell, „jeder hat eine andere Wertigkeit, guter Schmuck kann, muss aber nicht teuer sein“. Ist eine Lösung gefunden, dann geht es, wie es an der Tür steht, nach hinten in ihre Traumfabrik – oder wie Morgenstern auch sagt: in die Kommandozentrale des Christkinds.
Harte Arbeit für schönen Schmuck. Wie sehr ihr Job ein Handwerk ist, sieht man in der Werkstatt: Etliche Werkzeuge stehen an den Werkbänken bereit. Was sofort auffällt ist die Sitzhöhe bei der Arbeit: Die Arbeitsplatte ist beinahe auf Kinnhöhe. Ob das nicht in die Arme geht? „Da gewöhnt man sich schnell dran, man braucht auch viel Kraft in den Händen“, erzählt Goldschmiedin Andrea Lamberty. Neben ihr und Steffi Morgenstern werkeln hier noch Jutta Thiem und Raihana Paaßen. Lötrohr, Pfeile, Säge, Messschieber und Zange gehören zu den ständigen Werkzeugen, die die Goldschmiede brauchen, das Wichtigste sei aber die Flamme, die von morgens bis abends brennt und durch ein Blasrohr nach gewünschter Stärke zum Glühen gebracht wird.
Nicht alles wird verkauft. Doch nicht nur durch die Vitrinen kommen ihre Kunden auf den Geschmack – vielmehr ist Morgenstern auch selber eine wandelnde Werbung. „Unheimlich viele Menschen schauen, was ich selber für Schmuck trage“. Vom Körper weg hat sie so schon das ein oder andere verkauft. Würde sie denn alles verkaufen? „Eigentlich schon“. Und macht dann doch noch eine Ausnahme, denn das Armband, das sie trägt, „das würde ich niemals verkaufen. Das haben mein Mann und ich in aufwendiger Arbeit hergestellt“, betrachtet sie liebevoll das Lederarmband, das mit Tahitiperlen verziert ist. Schmuck ist eben nicht nur Geschmacksache, sondern auch etwas für das Herz. Und sich und andere glücklich zumachen, das ist Steffi Morgensterns Devise: „Wir bleiben neugierig“.
Quelle: WAZ Author: Katrin Schmidt Foto: Alexandra Roth